Brasilianischer TV-Riese Globo testet Live-Streaming von immersivem und personalisierbarem Sound mit MPEG-H Audio bei den Übertragungen zu São João do Nordeste.
Jedes Jahr im Juni feiert Brasilien die Geburt von Johannes dem Täufer und den Beginn der Regenzeit. Millionen von Menschen schalten die TV-Geräte ein, wenn die Volksfeste von São João do Nordeste live aus den verschiedenen Orten im Land übertragen werden. Erstmalig hat in diesem Jahr Globo Recife, der für den Nordosten Brasiliens zuständige Hauptsender der Grupo Globo, parallel zu seinen regulären Sendungen einen Live-Stream mit immersivem und personalisierbarem MPEG-H Audio eingerichtet.
MPEG-H Audio ist Bestandteil des aktuellen brasilianischen digitalen terrestrischen TV-System TV 2.5. Live-Testsendungen wie die zu São João do Nordeste dienen der Vorbereitung auf den bevorstehenden Regelbetrieb mit MPEG-H Audio, der das Nutzererlebnis durch immersiven und personalisierbaren Klang verbessern wird. MPEG-H Audio wurde kürzlich auch als alleiniges Audiosystem in den brasilianischen TV 3.0-Standard aufgenommen, der in den nächsten Jahren eingeführt werden soll.
Bei diesem „Proof-of-Concept“ unterstützte ein Team des Fraunhofer IIS die TV Globo-Mitarbeitenden bei der Einrichtung, Produktion und Übertragung des immersiven und interaktiven Streaming-Services. Der Live-Stream wurde von einem ausgewählten Publikum über personalisierte Globo-Mobil-Apps auf iOS- und Android-Geräten empfangen. Direkt nach der Veranstaltung wurden die Höhepunkte als Video-on-Demand-Inhalte mit MPEG-H-Audio auch online einem breiteren Publikum zugänglich gemacht.
„Eine derart komplexe Übertragungssituation ist selbst unter normalen Umständen nicht einfach zu bewältigen. Als Testübertragung für ein neues Audiosystem und Low-Latency-Livestreaming unter Beteiligung mehrerer Partner, an verteilten Spielorten und mit einem schnellen Schaltplan war es eine echte Herausforderung“, sagt Yannik Grewe, Senior Engineer für Audio in Broadcast and Media Systems am Fraunhofer IIS. „Aber wir waren zuversichtlich, dass wir diese besondere Herausforderung meistern werden, und tatsächlich war es eine sehr erfolgreiche Produktion und eine großartige Erfahrung für alle Beteiligten.“
Am 26. Juni übertrug jeder Veranstaltungsort im Norden Brasiliens die Audiosignale in den zentralen Globo-Hub in Recife, wo die TV-Produktion stattfand. Aus den eingehenden Signalen erstellte das Globo-Team einen 5.1+4H Immersive Sound Live-Mix. Kommentatoren, Publikum und Audiodeskription wurden als separate Audioobjekte mit Hilfe des Linear Acoustics MPEG-H Authoring und Monitoring Systems (AMS) in Echtzeit hinzugefügt. Damit wurden erweiterte Personalisierungs-Optionen für das TV Publikum umgesetzt. Ein besonders neuartiger Ansatz war die Echtzeit-Erstellung der Audiodeskription: Dazu wurden die Video- und Audiosignale nach São Paulo übertragen, wo die Audiodeskription live erstellt und nach Recife zurückgeschickt wurde, um dort in den Live-Stream integriert zu werden.
Das Globo-Team erstellte das zugrundeliegende MPEG-H-Audiosignal, einschließlich vier Presets, aus denen das Publikum wählen konnte: eine Standardvoreinstellung, eine Version mit besser verständlichem Dialog, eine mit Audiodeskription und eine mit mehr Live-Atmosphäre. Schließlich wurden das Video und das MPEG-H-Audiosignal mit dem ATEME Titan Live Encoder „verpackt“. Der Encoder kann zwei Ausgabeformate gleichzeitig exportieren: Ein klassisches Broadcast-Signal mit einem MPEG-2 Transportstrom wurde lokal an einen MPEG-H Demoraum übertragen. Über einen Live-Streaming-Service mit dem Common Media Application Format (CMAF) für HLS und DASH wurden die Inhalte über Amazon Web Services (AWS) dem ausgewählten Publikum zur Verfügung gestellt. Mit der Unterstützung für binaurales Rendering boten die personalisierten Globo-Mobil-Apps eine einfache Möglichkeit, immersiven Sound auf Standard-Mobilgeräten mit normalen Stereo-Kopfhörern zu genießen.
„Bei Globo stehen wir jeden Tag vor neuen Herausforderungen, und wir wollten sicherstellen, dass die neue Technologie allem gewachsen ist, was in unserem Programm passieren könnte. Wir wissen, dass es ein ziemlicher Sprung von einer Laborumgebung zu einem sehr anspruchsvollen realen Szenario ist. Das Potenzial von MPEG-H Audio, das Audioerlebnis zu verbessern, hat uns sehr beeindruckt“, sagt Luiz Augusto, Leiter der Technologieabteilung bei Globo Recife. „Dieser Proof-of-Concept hat bewiesen, dass immersiver und interaktiver Sound in unsere Workflows implementiert werden kann und ein fantastisches Klangerlebnis schafft. Wir freuen uns auf weitere Produktionen und zukünftige Übertragungen mit MPEG-H Audio.“
Titelbild (c) Mauricio Alves – stock.adobe.com